Wanderwoche vom 1. bis 7. Okt. in Jüterbog

Am Sonntag machten sich 15 Wanderer in zwei Kleinbussen auf Tour. Der erste Stopp hieß Pömmelte im Salzlandkreis, wo wir tief in die Vergangenheit ein­tauchten. Zeigt doch das dortige Ringheiligtum, eine Holz-Erde-Architektur, dass vor über 4000 Jahren dieses Gebiet schon besiedelt war. Vom neun Meter hohen Aussichtsturm hat man einen prima Überblick über die sieben Ringe von hölzernen Palisaden, Gruben und Wällen mit einem Gesamtdurchmesser von 115 Metern.

Im Anschluss fuhren wir quer durch den Fläming zu unserer Partnerstadt Jüterbog. Der Tag endete mit einem Besuch des Oktober­festes, wo wir auf viele bekannte Gesichter stießen.

Der Montag war dann der Hauptstadt gewidmet. In Berlin startete an der Oberbaum-Brücke unsere Wanderung auf dem Mauerweg. Nach der East Side Gallery führte der Weg durch weitgehend unbekanntes Gelände, an der Michael­kirche am Engelbecken und am imposanten neuen Springergebäude vorbei zum Checkpoint Charly. Leckere Stärkung gab es in einem typischen Berliner Hinterhof-Lokal.  Über den Potsdamer Platz folgten wir dem Mauerweg am Holocaust-Mahnmal vorbei zum Brandenburger Tor. Im Reichstag gab es dann eine Führung, und wir durften auf den oberen Rängen des Hohen Hauses Platz nehmen. Ein Rundgang durch die Kuppel rundete den Besuch ab. Über die Flaniermeile „Unter den Linden“ spazierte die Gruppe danach an dem neu errichteten Humboldt-Forum, dem Berliner Dom und an der Spree entlang ins Nikolai-Viertel.

Der 3. Oktober stand ganz im Zeichen der deutschen Einheit. Am Morgen fand ein Festakt im Mönchenkloster der Stadt Jüterbog statt, an dem die Wandergruppe teilnahm. In Festansprachen der Bürgermeister der verschwisterten deutschen Gemeinden Jüterbog, Waldbröl und Aßlar, sowie des ortsansässigen Pfarrers und der Vorsitzenden der jeweiligen Partnerschaftsverbindungen, wurde auf die

Bedeutung des gemeinsamen deutschen Gedenkens hingewiesen. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch Gesangsbeiträge des "Heart-Chores" vom Heimatverein Jüterbog. Am Flügel glänzte Marie-Helene Bauer mit ihrem eindrucksvollen Spiel.

Nachmittags führten Jörg Podzuweit und Stefanie Böhme in historischer Gewandung die Gruppe durch die Stadt. Der Vorsitzende des Heimatvereins würzte sein umfang­reiches Wissen gekonnt mit Anekdoten. Die über tausend Jahre alte Ansiedlung erhielt bereits vor 850 Jahren Stadtrechte und glänzt mit einem spätgotischen Stadtbild. Die wechselvolle Geschichte brachte Reichtum, aber auch Not durch Kriege, Pest und Stadtbrände. Erst der Entschluss der Stadt­verordneten, Jüterbog 1832 zum Garnisonsstandort zu machen, brachte wieder Menschen und Geld in die Stadt. Nach dem zweiten Weltkrieg besetzte die Rote Armee das alte Militärgelände, welches sie erst 1994 wieder verließ.

In heutigen Tagen präsentiert sich die mittelalterliche Stadt mit restaurierten Gebäuden in neuem Glanz. Teile der Stadtmauer sind noch erhalten, einige Türme prägen das Stadtbild. Die Liebfrauen- oder Marienkirche wurde bereits 1160 errichtet und war viele Jahre Heimat der Zisterzienserrinnen.

Zum Abschluss besichtigte die Gruppe die Nikolaikirche, deren Bau bereits 1307 begann. Zwei unterschiedliche Türme machen das Gebäudes zu etwas Besonderem, ähnlich wie beim Dom zu Wetzlar. Im Inneren der gotischen Hallenkirche findet man unter anderem eine Truhe des Ablasshändlers Tetzel, schöne Wand- und Decken­malereien sowie einen Flügelaltar aus der Werkstatt Lucas Cranach des Älteren.

Am Mittwoch umrundeten wir auf dem Spitzbubenweg die Stadt. Der Wanderweg führte durch den Schlosspark zum 1914 errichteten Wasserwerk, danach aufwärts zum "Hohen Blick" auf dem 43 m hohen Wasserturm mit Panoramasicht auf die Stadt. Am ehemaligen Bahnhof Bergschlösschen vorbei führte der Pfad über den Platz einer abgerissenen Holländer­mühle zum "Grünen Blick" und dem Neumarkttor. Nach dem "Historischen Blick" passierten wir die Sportanlagen und konnten beim "Blanken Blick" eine weitere malerische Ansicht der Stadt betrachten.

Der Tag schloss mit einer Führung durch das Rathaus. 1285 als Markthalle oder Kaufhaus erbaut, entwickelte es sich mit der Zeit zu einem Ort, in dem erste städtische Behörden ihren Platz fanden. 1369 wurde das Gebäude Rathaus der Stadt Jüterbog. Die dicken Mauern beinhalten wahre Kleinode, z.B. schmücken besondere Zellengewölbe den Fürstensaal. Das Gebäude mit seinen drei herrlichen Giebeln beherrscht den großen Marktplatz.

Am Donnerstag steuerten wir bei strahlend blauem Himmel die Lutherstadt Witten­berg an. Bereits beim Gang zum Lutherhaus bewunderten wir das beeindruckende Rathaus mit den Monumenten von Luther und Melanchthon. Ein Gästeführer brachte uns unterhaltsam die bedeutende Zeit der Reformation nahe. Auch die Universität war prägend für das 12. bis 15. Jahrhundert. In der 

Stadtkirche bewunderten wir den Reformationsaltar von Lucas Cranach ebenso wie an der Schlosskirche die Thesentür. 

Nachmittags tauchten wir im Asisi Panorama "Luther 1517" visuell in die Zeit des Thesen­anschlags ein, ein monumentales 360° Bilderlebnis mit Sound- und Lichteffekten.

Freitags ging es mit dem Wildnisbotschafter Traugott Heinemann-Grüder in die Jüterboger Wildnis. Auf sandigen Pfaden machten wir uns auf Spurensuche. Auf dem ehemaligen Truppenübungs­platz, der mittlerweile zu einem Naturschutzgebiet erklärt wurde, gibt es umfangreichen Wildbestand. Auch ein Rudel Wölfe ist hier sesshaft geworden. Wir erfuhren viel über Flora und Fauna, die Hintergründe über die Angst vor Wölfen und über die Sorgen der Tierbesitzer. Unterwegs machten wir Station auf der Aussichtsplattform Wurzelberg, von der man Blick auf die beeindruckende Wanderdüne hat. Der Wanderweg führte dann weiter auf die größte Sanddüne Brandenburgs hinauf.

Am Nachmittag machten wir Halt im Kloster Zinna. Die Klosterkirche wurde um 1170 errichtet, und die Zisterzienser bewirtschafteten die Liegenschaften bis ins 16. Jahrhundert. Auch hier gab es eine Führung, und wir besichtigten die in den Neben­gebäuden befindliche Destillerie, wo wir mit dem Destillieren des "Kloster­bruders" bekannt gemacht wurden. In der Brennerei wird der Kräuterschnaps noch heute nach altem Rezept hergestellt. Der betörende Geruch der "heilsamen Kräuter" begleitete die Verkostung.

Am Samstag hieß es dann Abschied nehmen. Ein letzter Stopp beim Point Alpha bei Geisa rundete das Thema rund um die deutsche Einheit ab. Mit Gänsehaut lauschten wir den Ausführungen der Gästeführerin, und tief beeindruckt liefen wir an alten Grenzzäunen entlang. Wir bekamen ein besseres Gefühl für die Menschen, die ihr Leben "gut abgesichert" gegen den Westen verbrachten. Es ist wirklich ein Wunder, dass es 1989 zu einer friedlichen Wiedervereinigung kam.

Eine erlebnisreiche Woche ging schnell zu Ende. Nicht nur die Muskeln waren gefordert, auch der Kopf hatte viel zu tun. Das Wetter war der Wandergruppe wohl­gesonnen, und für das leibliche Wohl wurde stets gesorgt, oftmals mit dem beliebten "Weck, Woscht un Woi". Die fröhliche Gemeinschaft wurde gepflegt und neue Bekanntschaften geschlossen. Zum Schluss war die Gruppe sich einig, es war eine tolle Zeit, und gerne würde man es so oder ähnlich wiederholen.

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